Einiges aus dem Leben vom Altmeister

HANS  RUBIN BALGACH            1920-1999

MÖBELGESTALTER  &  MÖBELBAUER, Intarsienkünstler  &  Holzbildhauer


Im Bürger - Ratssaal zu Balgach
Im Bürger - Ratssaal zu Balgach

Meister Rubin hat mit seinen individuell gestalteten Arbeiten einen grossen Beitrag zum kulturellen Leben der Region beigetragen. Öffentlich zugänglich sind vier Objekte: Im Rathaus von Balgach stehen zwei Intarsien – Schränke mit Motiven aus dem Dorf. Erwähnenswert ist das grösste von ihm geschaffene Intarsienbild, welches im Sitzungssaal der Ortsgemeinde zu sehen ist. Das vierte grössere Werk befindet sich im Eingang vom Hotel Bristol in Leukerbad. In des Meisters Werkstatt sind nicht nur einfach Möbel entstanden, von ihm sind wahre Kunstwerke geschaffen worden.

 

 

Seinen Werdegang fasste Hans Rubin folgendermassen zusammen: „Im Rheintal geboren, aufgewachsen und der Schreinerei verfallen. Kunstgewerbeschule, bei verschiedenen Meistern erfahren, wie man es auch machen kann, aber glücklicherweise nicht muss. Grosser Drang nach Abenteuer und Selbstständigkeit, darum 1946 Bau einer Werkstatt. Meisterprüfung. Weitere Prüfungen und viel Auf und Ab mit Hilfe meiner lieben Frau erfolgreich durchgestanden.“

Schülerzeichnung
Schülerzeichnung

Schon als Lehrling übte sich Hans Rubin mit dem unverfrorenen Eifer der Jugend in der Freizeit künstlerisch:

 

 

(Tagebuchnotiz 1943)


Jugendwerke
Jugendwerke

Mit Meinrad Zünd ( jetzt an der Kunstgewerbeschule Luzern ), schnitzte ich im Vorkeller des elterlichen Hauses Wappen und Bruderklausenbilder. – Wenn ich heute über diese Kunstversuche lache, kann ich mir nicht einmal Vorwürfe machen. Denn wo sind die Künstler und besonders  Handwerker, die selber ihr Handwerk aus dem FF verstehen und einem strebsamen Lehrjungen oder Gesellen etwas Aussergewöhnliches zeigen? Wenn man die bekannten Künstler als Vorbild nehmen will, kann man leicht blödsinnig werden. – Und so inszenierten wir ganz kühn eine kleine Ausstellung im Schaufenster der Eisenwarenhandlung J. Weder, Balgach. Die Leute staunten und schätzten unseren Eifer, was uns noch mehr anspornte, in diesem Dilettantentum fortzufahren.“


Zwei Jahre hielt es Hans Rubin nach der Lehre noch in seinem Lehrbetrieb aus, dann zog es ihn weiter: 

(Tagebuchauszug 1943)

Das war ein Wendepunkt in meinem Leben: Ich trat in Arbeit bei A. Domeisen Möbelschreiner im Flühli, Luzern. Das war notwendig für meine Weiterbildung, da mein Lehrmeister im Beruf mir nichts mehr bieten konnte. Ich war angenehm überrascht, in Domeisen einen guten Bildhauer und vor allem einen ausgezeichneten Kunsthandwerker zu finden. So konnte ich sehr viel lernen im Möbelbau und der Schnitztechnik. Als besondere Arbeit half ich mit, die grosse Orgel in Ruswil zu machen, bei dessen Schnitzereien mir der Meister besonderes Zutrauen schenkte.“  

Orgel - Krone für Ruswil
Orgel - Krone für Ruswil
Hans Rubin als junger Holzbildhauer
Hans Rubin als junger Holzbildhauer

Hans Rubin arbeitete ein Jahr lang bei diesem Meister, welcher Stilmöbel und Orgelprospekte herstellte, und sparte gleichzeitig für den Besuch der Kunstgewerbeschule.

Entwurfskizze
Entwurfskizze
Gesellentruhe
Gesellentruhe

(Tagebuchnotizen 1943)

 

Heute wundere ich mich, wie wenig Kunstverständnis sogar gebildete Menschen an den Tag legen. Nicht dass unsere Arbeiten wertlos waren. (Sie unterschieden sich ganz angenehm von Jelmoli und Epa Massenartikeln, auf die sich unsere leere Welt auch heute noch stürzt.) Unsere Sachen waren aber doch nicht so tief empfunden und durchgearbeitet, wie es eben ein Kunstwerk oder sogar nur ein lieber Gebrauchsgegenstand erfordern. Meine Auffassung vom Handwerk wurde dafür im Kolping Gesellenverein sehr gehoben, sodass mein Freizeitschaffen nicht verlorene Zeit war.

Dann begegnete ich dem richtigen Mann. Der Bildhauer Albert Wider bearbeitete mich dann moralisch und langsam dämmerte es in meinem Innern. Meine nun spärlicheren Arbeiten wurden jetzt wertvoller und ich glaube sogar, dass ich selber als Mensch weiter kam. Ich verstand auch langsam den Sinn des Gesellenvereins und Vater Kolpings Geist.

Albert Wider hat mir einen mächtigen Brief geschrieben, über Kunstgewerbeschulen und Berufsauffassung. Daraufhin habe ich mich auch in Zürich erkundigt. Diese Schule entsprach mir aber nicht. Nach Ostern werde ich also in Luzern antreten.“

Im Frühling 1944 trat Hans Rubin in die Kunstgewerbeschule in Luzern ein. Neben Schnitzen und Zeichnen hatte er dort an Samstagen Gelegenheit, Kurse für Innenausbau – Gestaltung zu besuchen. Die ersparten Mittel reichten für das erste Jahr; das zweite wurde finanziell schwieriger. Einen Teil der Woche arbeitete der junge Mann daher in einer Schreinerei, um seinen Unterhalt zu bestreiten.

Schon früh formulierte Hans Rubin sein berufliches Credo in seinem Tagebuch:

 

Ich glaube fest daran, dass gute Möbel und Möbelformen einen guten Einfluss auf Erwachsene und aufwachsende Menschen haben,....Eine Mutter, die ein Kind erwartet soll nur schöne Gegenstände ansehen, weil schon dann der Einfluss des Guten oder Bösen seine Wirkung hat. Die Möbel sollen aber nicht nur schön sein oder gar nur schön scheinen, sondern sie sollen vor allem handwerklich gut gearbeitet sein, materialgerecht und ehrlich in Form und Konstruktion. Ist es nicht sehr schwierig junge Leute, die in Kitsch u. Plunder aufwachsen, die schon ihre Wertlosigkeit präsentieren, zur Häuslichkeit zu erziehen? Was nützt es, Menschen in der Stube zusammenzuhalten, ....wenn Möbel und Gebrauchsgegenstände....nicht die geringste Beziehung zu den Eigentümern haben? Muss nicht ein Möbel vielmehr ein guter Freund sein, eine Seele haben, selber ein Stück Leben werden, ohne das wir nicht auskommen? Stücke, die uns durchs ganze Leben begleiten und auch Kindern und Kindeskindern noch dienen werden....müssen auch ehrlich sein; d.h. die Möbel müssen so sein, wie sie aussehen. Möbel sind (aber auch) da zum Gebrauch; sie sollen uns das Leben angenehm gestalten und notwendiges Tun erleichtern.“

In seiner Werkstatt begann Hans Rubin mit zwei Mitarbeitern und einem Lehrling meist handwerkliche Massivholzmöbel herzustellen. Kleinmöbel  aus massivem Holz mit Schnitzereien waren jahrzehntelang erfolgreich. Als begabte Malerin bemalte seine Frau Hilda Rubin über Jahre hinweg in der Werkstatt hergestellte Schränke mit feinen Blumenmotiven. An die hundert Schränke wurden so bemalt und fanden guten Absatz.

Auch Meister Hans Rubin erlebte seine Durststreckenzeiten. Um zu überleben produzierte er von Mitte der 1950-er Jahre bis gut Anfangs der 1960-er,  mit etlichen, vorwiegend aus dem Vorarlberg stammenden Mitarbeitern auch serienweise Bettgestelle aller Art. Das hat dann wohl die damals in seinem Betriebe beschäftigten Kameraden Längle & Hagspiel inspiriert, selber gemeinsam in Höchst einen Produktionsbetrieb zu gründen, für Bettgestelle natürlich, und Sitzmöbel. Als dann einige Zeit nach dem Wiederaufbau der einer Feuersbrunst zum Opfer gefallenen Werkstatt in Balgach, die Firma Züco von einem Tag auf den andern keinen Bedarf mehr an "Rubingestellen" hatte, war eine Neuorientierung angesagt.

So um 1964 herum trat Hans Rubin neu mit mit Intarsien veredelten Möbeln an die Öffentlichkeit. Diese Möbel zeigte er an der MUBA in Basel, und an der Sonderausstellung LIGNUM. Der Erfolg stellte sich ein und ermutigte ihn. Über Jahre hinweg waren die Möbel mit Intarsien so gefragt, dass auch der ältere Sohn, Hannes Rubin, mithalf beim Einlegen. Zusammen gestalteten sie auch zahlreiche Intarsienbilder

Intarsienmachen, Einlegen ist einfach. Mit Uebung und viel Geduld entstehen die schönen Bilder. Der Weg von der Motivauswahl über den Entwurf bis zur fertigen Arbeit ist aufwändig. Man kann das nirgends lernen, man bringt es sich selber bei. Voraussetzung für eine gute Arbeit ist der Entwurf. Damit fällt oder steht das Ergebnis der Bemühungen. Wenn die Vielzahl der verwendeten Hölzer als Kriterium bei einer Arbeit massgebend wird, ist der Zweck der Uebung nicht erfasst worden. Es kann auch mit nur einer Holzart eine gute Wirkung erzielt werden.“

Rubin – Stücke sind Einzelanfertigungen und passen in eine moderne Wohnumgebung. Oft wurden ganze Einrichtungen (Innenausbau) durch die Rubin – Werkstatt gestaltet und ausgeführt. Angefangen hat es mit flachen kubischen Möbelkörpern, zusehends verlangte die Kundschaft immer mehr Möbel mit Profil. Deshalb löste sich Hans Rubin von der glatten Fläche ab und näherte sich den klassischen Vorbildern. Sockel und Kranz, Rahmen und Füllung etablierten sich als wichtige Gestaltungsmerkmale. Die Nachfrage gab ihm recht.

Viel Beachtung fanden auch seine Ostschweizer Bauern – und Bürgerbarock – Möbel, mit welchen er ende der 60-er Jahren begann. Schiefertische, runde Tische, Stabellen, Stühle und Eckbänke folgten. Bauernbüffets, Gänterli und viele andere Kleinmöbel waren auf der Palette. Alle diese Objekte wurden mit dem unverwechselbaren Rubin – Stil gestaltet und hergestellt. Nun zeigte Hans Rubin seine Werke auch an der Züspa in Zürich und beteiligte sich jährlich an der Ausstellung „Gestaltendes Handwerk“ in Basel. An dieser Stelle sei der typische Rubin-Bodenseeschrank erwähnt und der grosse Barockschrank.

Meister Rubin legte sehr grossen Wert auf gute Proportionen bei seinen Schöpfungen. Bei der Holzauswahl war er immer zugegen, desgleichen beim Zusammenstellen der verschiedenen Teile. Es herrschte immer eine regelrechte „Auslegeordnung“ in der Werkstatt, wenn er Friese, Seiten und Füllungen nach Maserung, Struktur und Farbtönen mit viel künstlerischem Sinn zusammenstellte. Es musste alles wie aus einem Guss sein. Profile und Stäbe mussten genau so sein, wie er sich das vorstellte, nicht irgendwie. All diese Punkte ergaben die ganz besondere Prägung der Möbel aus der Rubin – Werkstatt. Verschiedene Museums – und Ausstellungsbesuche und das Studium einschlägiger Literatur inspirierten den Möbelbauer Hans Rubin zur Weiterentwicklung seiner Werke.

Das Lebenswerk vom Möbelbauer Hans Rubin ist gut dokumentiert und je länger man sich damit befasst, erkennt man seine klare überzeugende Formensprache. Es kommt stark zum Ausdruck, dass dieser Gestalter sich sehr intensiv mit seinem Metier auseinandergesetzt hat. Er suchte nie um jeden Preis originell zu sein und begründete gerade so seine Genialität und die starke Ausstrahlung seiner Werke. Dass Hans Rubins Arbeit für ihn nicht nur Brotberuf war, zeugt seine folgende Aussage: „Von meinen Arbeiten trenne ich mich gar nicht leicht. Doch die Freude meiner Kunden macht mich reich, und dieses Glück ist ein wesentlicher Bestandteil meines Einkommens.“

In den 90-er Jahren zog sich Hans Rubin Schritt für Schritt aus dem aktiven Berufsleben zurück, doch zeugen noch heute vielerorts seine Kunstwerke von seinem vielfältigen Schaffen. Rubin - Möbel können noch weiterhin von Fachleuten mit entsprechender Erfahrung hergestellt werden.

Und wenn es seinen Werken kaum anzusehen ist, auch Meister Rubin hatte seine Vorbilder. Drei sollen hier erwähnt sein: Aus der Geschichte Abraham und David Röntgen aus Neuwied, Deutschland mit ihren Möbelwerkstätten. Dann die Zeitgenossen Jacob Müller aus Zürich und Ronco, seines Zeichens bekannter Innenarchitekt und Möbeldesigner, und den Intarsienkünstler Helmut Zeiner aus Linz, Österreich. Letzterer kannte er persönlich sehr gut.

Verschiedene Presseberichte sind erschienen in: Alpenländische  Wohnzeitschrift; Das Ideale Heim; Das neue Wohnen; Der Fürstenländer;

Der Rheintaler; Die Ostschweiz; Grossanzeiger; Heimatwerk; Hochwacht; Meyers Modeblatt; Rheintalische Volkszeitung; Schreinerzeitung; Unser Rheintal; Wohnen an der Muba; Vesperum Mitteilungsblatt; etc.

 

Fotos:  Buchmann; Grau; Gross; Grünenfelder; Guggenbühl; Hoffmann; Lautenschlager; Rast; Rubin; Schiess; und Andere.

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